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Newsletter von Maulkorbzwang und den Dogangels

* RÜCKBLICK 2001 --

Prädikat: Lesenswert - und das meine ich ehrlich sonst würde ich es nicht sagen


RÜCKBLICK 2001

Was hat die LHV den nun wirklich gebracht.......

JOHANN WOLFGANG VON GOETHE
Ein gleiches

Über allen Gipfeln
Ist Ruh',
In allen Wipfeln
Spürest Du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur! Balde
Ruhest Du auch.

holt euch einen Kaffee, Tee oder aber auch ein Bier,
Taschentücher, traurig, traurig armes Deutschland
und dann viel Spass mit dem bitterbösen Stück
von Bettina Angela Peipe

RÜCKBLICK 2001

S
eit kurzem haben wir, das dumme Volk, es also schriftlich:

Nicht mehr 42 Rassen sind gefährlich, plötzlich sind es nur noch 14. Einige verschwanden von der Liste, andere wurden aufgrund von physiognomischen Ähnlichkeiten munter draufgesetzt: ein lustiges Bäumchen- verwechsele-dich-Spiel. Das ist der sogenannte `kleinste gemeinsame Nenner'.

Doch fragt man sich, wie es zu einer solchen plötzlichen Eingebung kommt. Entweder sind Hunde per se gefährlich oder sie sind es nicht. Allein daran lässt sich erkennen, mit welcher politischen Willkür derartige Gesetze gemacht werden. Plötzlich, weil politisch nicht mehr opportun und durchsetzbar, sind 28 Rassen mit einem Federstrich und wie durch Zauberhand nicht mehr gefährlich, die vorher angeblich zähnefletschend und mit blutunterlaufenen Augen Deutschlands Straßen unsicher machten. Aber schließlich leben wir ja in Zeiten von Harry Potter. Da sind solche Zaubertricks ja gang und gäbe und ergo wollen auch unsere Politiker, die geistige Elite dieses Landes (Entschuldigung: Spaß muss sein! ), hier nicht nachstehen. Ihrem unergründlichen Ratschluss nach und von keiner überflüssigen Expertenmeinung getrübt, sind es also nur noch 14 Rassen, die sich als Killerhunde betätigen können. Das ist es also, worauf sich die Innenministerkonferenz einigen soll.

Man kann nur hoffen, dass ein Land wie Thüringen standhaft bleibt und sich nicht 14 angeblich gefährliche Hunderassen aufschwatzen lässt, nachdem es zuvor mit viel gesundem Menschenverstand erkannt hatte, dass es so etwas nicht gibt. Bleiben Sie meine Damen und Herren der Thüringer Politik, die letzten Aufrechten und wehren Sie sich tapfer gegen diesen teuren und völlig überflüssigen Wahnwitz. Die Millionen können sinnvoller angelegt werden und glauben sie mir: "Die spinnen die Römer!"

Was ist jedoch mit den Familien, die im Zuge dieser ganzen unsinnigen Diskussion ihre Wohnung eingebüßt haben? Können die jetzt ihre lieben Politiker wegen groben Unfugs verklagen? Und was gedenken Politiker dagegen zu unternehmen, dass es Wohnungsbaugesellschaften überhaupt nicht mehr zu interessieren scheint, ob ein Hund auf irgendeiner Liste steht oder nicht; nein, man wirft gleich alle Hunde, die größer als 40 cm sind, aus den Wohnungen, und wenn die Besitzer sich von der "Bestie" nicht trennen wollen, dann diese halt mit. C'est la guerre! Die Wohnungsbaugesellschaften tun im Prinzip nur das, wofür ihnen die Politik eine Steilvorlage geliefert hat. Das ist vermutlich das, was sich Politiker heutzutage unter freier Entfaltung der Persönlichkeit vorstellen, wie sie das Grundgesetz eigentlich garantiert.

Nach dem Schilyschen Supergau in Sachen Innere Sicherheit wundert den gemeinen Bürger schließlich gar nichts mehr. Herrn Schily ist es in kürzester Frist gelungen, sich auf der rechten Spur selbst zu überholen. Gratuliere! Deswegen wohl auch der Bayrische Verdienstorden. Dazu fällt mir eigentlich nur ein Zitat von Lenin ein: Sage mir, wer dich lobt, und ich sage dir, worin dein Fehler besteht!

Wenn sich nun ein Bürger dazu entschließt, die Gerichte anzurufen, um gegen derart sträflichen Schwachsinn vorzugehen, dann kann er unter Umständen eine böse Überraschung erleben. Von der Unabhängigkeit deutscher Gerichte kann eigentlich niemand mehr ernsthaft überzeugt sein, der einige Urteile der letzten Monate Revue passieren lässt. Hier sind eindeutig Urteile gefällt worden, die ganz klar politische Rücksichten nehmen. Auch Richter werden von bestimmten Parteien auf ihre Pöstchen gehievt. Da muss man sich dankbar erweisen und kleine Geschenke erhalten bekanntlich die Freundschaft. Es lebe der Proporz!

Politiker haben es sich in den letzten Monaten sehr einfach gemacht: Offensichtlich faschistoide Tendenzen in der Bevölkerung nutzend, hatte man rasch die Hundebesitzer als Sündenböcke instrumentalisiert. Die autoritäre Persönlichkeit braucht halt was zum draufschlagen. Das System ist alt: Um von wichtigen Problemen abzulenken, wie Arbeitslosigkeit, Bildungsmisere, Pflegenotstand und Staatsverschuldung, begnügt man sich damit, das Volk zu spalten: Divide et impera! Dazu dient sowohl die Hundeverordnung wie die Diskussion darüber, ob man stolz zu sein hat, ein Deutscher zu sein oder nicht- eine Debatte so überflüssig wie ein Kropf- mit Verlaub!

Politik ist heute nur noch auf Außenwirkung programmiert. Wirkliche Diskussion mit dem politischen Gegner zum Zwecke der Problemlösung findet nicht statt. Man lässt seinen Sermon ab und begnügt sich mit etwas, das mein alter Deutschlehrer mit dem Begriff "geistige Masturbation" zu charakterisieren pflegte. Jede dieser überflüssigen Spiegelfechtereien im deutschen Bundestag kostet den Steuerzahler wie viel?

Alle Parteien haben beim Thema HVO in ein Horn gestoßen, bis auf die FDP und die PDS, wobei die FDP dies erst nach reiflicher Überlegung getan hat. Nicht dass wir dem Irrglauben verfallen, irgendjemand in diesem Land täte irgendetwas aus Überzeugung. Die erste Rede von Herrn Westerwelle nach dem Hamburger Vorfall war alles andere als von Durchblick geprägt. Im Gegenteil: Man durfte sich den gleichen infernalischen Unsinn anhören wie bei allen anderen sogenannten Volksvertretern -mein Gedächtnis funktioniert noch! Erst nach einigen Beratungen innerhalb der Partei hatte man sich offenbar eines Besseren besonnen und, fest die Mission 18% im Auge, hier bei den Hundehaltern ein Wählerpotential ausgemacht. Daraufhin ließ man, von einigen NRW- Parteigenossen kuschelweich gespült, Westerwelle wieder auf die Menschheit los und ihn nett lächelnd mit Dogge posieren.

Den einzigen Lichtblick in diesem Meer von populistischem Müll in dieser Debatte lieferte Gregor Gysi, der sofort nach dem Vorfall eine dezidierte Analyse der Situation lieferte, gemäßigte Problemlösungen andeutete und sich mit keiner Silbe der Terminologie der Drecksgazetten bediente- und somit ohne lärmende, effekthascherische Pöbeleien den Stammtisch mit seinem "gesunden Volksempfinden" komplett ignorierte. Hochachtung!!! Dazu gehört Courage, sich, bei dieser aufgepeitschten Stimmung, die an Lynchjustiz erinnerte, eine sachlich fundierte Rede zu leisten, die noch dazu den eigentlichen Kern des Problems traf: eine erhöhte Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft. Hier wurde der geifernde Mob nicht bedient. Dafür standen ja auch schon genug andere Politdominas Schlange. Hier war natürlich jemand mit gesundem Menschenverstand nur der Rufer in der Wüste. Wie schon gesagt: Spiegelgefechte.

Die FDP und ihr weichgespülter Vorsitzender fanden im Nachhinein, dass der Einsatz für dieses Thema auch in anderer Hinsicht lohnend sein könnte. Es kommt bei einigen älteren FDP -Wählern sicher gut an, sich für alte liberale Tugenden stark zu machen. Stichworte wie schlanker Staat, wenig Einmischung in die Privatsphäre von Bürgern, Rechtsstaatlichkeitsprinzipien im weitesten Sinne fallen einem ein. Fraglich ist jedoch nur, wie ernst solche Ankündigungen zu nehmen sind. Welche Einflussmöglichkeiten hat die FDP bei einer Regierungsbeteiligung und wird sie diese überhaupt nutzen? Der FDP klebte nicht umsonst jahrelang das Etikett der "Umfallerpartei" an.

Die erste Nagelprobe für die FDP sollte ihre Koalition mit von Beust und Schill in Hamburg sein. Dort gibt es eine der schärfsten Hundeverordnungen Deutschlands und gerade erst hat der ungeliebte Koalitionspartner Schill, von dem man noch vor der Wahl behauptet hat, nicht mit ihm koalieren zu wollen, ("Umfallerpartei") dem Partner im Geiste ein rechtes Kuckucksei ins Nest gelegt. Schill ließ großspurig verkünden, die Tötung von 220 Hunden aus der Hamburg- Harburger Hundehalle müsse aus Kostengründen bei einer so angespannten Haushaltslage erwogen werden.

Es folgten natürlich die üblichen eifrigen Dementis, doch wie sehr sich die FDP ins Zeug zu legen bereit ist, wird sich weisen. Bis jetzt geht es durch die FDP keinem Hund in der Hamburg-Harburger Hundehalle besser als vor der FDP -Regierungsbeteiligung. Kill-Schill und Konsorten, die mit Sicherheit auch dieser rigorosen HVO zugestimmt hätten, die in diesem Fall noch die SPD verbrochen hatte, wollen es also sogar noch weiter treiben und gleich zur Tötung übergehen.

Als typischer Wolf im Schafspelz und geistiger Brandstifter will man sich der Folgen des eigenen Tuns natürlich schnell entledigen und sich der Verantwortung entziehen. Tja, liebe Hamburger FDP, wer mit dem Teufel speist, der muss einen langen Löffel haben! Sie sollten sich daraufhin ihren neuen Duz-Freund noch einmal kräftig vornehmen, sonst wird aus der Mission 18% noch eine `Mission: Impossible'. Ob sich also in Bezug auf die Hamburg - Harburger Hundehalle etwas tut, daran wird sich die FDP messen lassen müssen. Aber vielleicht geht es ihr ja wie unserem Kanzler, der sich auch an einer Zahl messen lassen wollte und der heute mehr an das Adenauer -Zitat erinnert: Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?

Fragt sich ohnehin, ob die abgestumpfte Masse der Wähler noch durch 220 Hundeleichen zu beeindrucken ist, nach all den Bildern von Scheiterhaufen, auf denen Tausende von Tierkadavern, gleich herdenweise, zu Asche verbrennen, um den Marktpreis zu halten. Tierkadaver, die dann zu dekorativem Baumaterial, sprich zu Ziegeln verarbeit werden. Wahrhaftig, kann es einen stärkeren Beweis für die Perversion einer Gesellschaft geben, in der die Devise nicht mehr lautet `Schwerter zu Pflugscharen`, sondern `Rinder zu Ziegeln'? Armes Deutschland! Die Wähler, diese Ansammlung von Funsportler, die sich nur noch mit Hilfe des letzten ultimativen Kicks über die Trostlosigkeit und Öde des nächsten Tages rettet, vollgebrabbelt mit dem neuesten Soap-Opera-Geschwätz und zugedröhnt mit einer Musik genau so monoton und sinnentleert wie ihr Tagesablauf, üben den Tanz auf dem Vulkan. Aber vielleicht finden sich unter diesen eventsüchtigen Berieselungsfetischisten noch ein paar Aufrechte, die es schaffen, das Kreuzchen an die richtige Stelle zu setzen, weil sie es leid sind, die Abzockerei von Politikern zu dulden, die sich die Taschen füllen mit Diätenerhöhungen, Übergangsgeldern, hohen Pensionen und Spendenaffären und anderen mit Leichenbittermine nahe legen, den Gürtel enger zu schnallen, weil man sonst den Standort Deutschland gefährde.

Aber auch das ist ja nicht neu und schon Heinrich Heine kannte vor mehr als 150 Jahren diese Art von Pharisäern: "Sie sang das alte Entsagungslied, das Eiapopeia vom Himmel, womit man einlullt, wenn es greint, das Volk, den großen Lümmel. Ich kenne die Weise, ich kenne den Text, ich kenn auch die Herren Verfasser; ich weiß, sie tranken heimlich Wein und predigten öffentlich Wasser."

Wo waren in diesem ganzen Tierelend eigentlich die Kirchen? Außer einer einzigen Stimme habe ich niemanden gehört.. Wie wäre es angesichts der schönen neuen Sitte, Tiere zu Baumaterial zu verarbeiten, die möglicherweise anfallenden Kadaver der toten Tiere als Christbaumschmuck zu verwenden und sie samt Tanne in den Kirchen aufzustellen. Wäre das nicht im wahrsten Sinne des Wortes "besinnlich"? Aber angesichts der Tierfeindlichkeit der Kirchen in ihrer Geschichte, schließlich hatte man sich im Mittelalter nicht entblödet, Schweine vor Inquisitionsgerichte zu stellen und Millionen von Katzen als personifizierte Dämonen auf Scheiterhaufen hinzumeucheln, - und gute alte Traditionen gibt man schließlich nicht gern auf- darf man sich darüber vermutlich nicht verwundern, dass die Kirchen wegen ein paar toter Hamburger Hunde keine moralischen Bauchschmerzen bekommen, wenn diese unschuldig getötet werden sollen. Da lädt man doch lieber Bärbel Höhn zur Predigt in die Kirche (geschehen in Köln)- das nenn ich den Bock zum Gärtner machen! Aber schließlich hatte man in den letzten Monaten noch ganz andere Kröten zu schlucken, siehe Afghanistan.

Und auch hier haben die meisten Parteien, einschließlich der FDP, schmählich versagt. Was ist von einer Partei zu halten, die nicht klar gegen Krieg Stellung bezieht, an dem einige wenige wieder kräftig verdient haben (Waffen brauchen schließlich Einsatzgebiete und 5 Milliarden DM aus Rüstungsexportgeschäften wollen schließlich verdient sein). Und die paar Toten unter den Zivilisten, die es erwischt hat, fallen dann wohl wieder unter den Begriff Kollateralschäden. Irre ich mich oder war das nicht das Unwort aus dem Balkankrieg? Es gibt keine gerechten Kriege. Wer das nicht begriffen hat, ignoriert die letzten 4000 Jahre Menschheitsgeschichte.

Herr Grüll ließ sich in Bezug auf die Hundeverordnung auf einer der letzten FDP -Veranstaltungen mit dem Satz vernehmen, man könne bei Schäden, wie sie durch scharfgemachte Hunde entstehen, nicht hergehen und bei unbeteiligten Dritten Haftung nehmen. Richtig! Vielleicht hätte man sich diese lobenswerte Maxime auch beim Krieg in Afghanistan zu eigen machen sollen, anstatt auf moralisch verbrämte Kriegspropaganda hereinzufallen. Anstatt zu warnen, schwingt man die Fähnchen, versichert seine uneingeschränkte Solidarität und beeilt sich, den Schulterschluss zu üben. Da kann einem Amerika richtig leid tun, denn wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.

In Bezug auf die Wahlen muss man den Wählern wohl sagen: Die Auswahl ist gering. Die CDU, dieser desolate Haufen, der nicht mal in der Lage ist, seinen eigenen Ehrenvorsitzenden zur Raison: sprich zu einer Aussage, zu bringen, scheint weiß Gott keine Alternative zur derzeitigen Regierung. Also machen Sie, was Sie als Wähler für richtig halten und wenn nicht das passiert, weswegen Sie als Hundehalter eine Partei gewählt haben, dann schicken Sie sie beim nächsten Mal wieder zum Teufel.

Und genau das sollten Parteien wissen.

Wechselwahl ist angesagt. Politische Ideologien haben sich überlebt und die Mehrzahl der Wähler sieht sehr genau, was umgesetzt wurde und was leeres Geschwätz geblieben ist. Sie sehen also, meine lieben Politiker, wie heißt es schon so treffend bei einer Geschichte von Thurber als Moral von der Geschicht', in der Rotkäppchen, anstatt sich vom Wolf fressen zu lassen, stattdessen die Magnum zieht und ihn über den Haufen schießt: It isn't so easy to fool little girls nowadays like it used to be!

Also dann, meine Damen und Herren aus der Politik:

Make my day!!!

Gegen die Arroganz der Macht!

Bettina Angela Peipe
Gelsenkirchen, den 18.Dezember 2001
 

Mit freundlicher Genehmigung von Bettina Angela Peipe

 

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=3> Bettina Angela Peipe
Gelsenkirchen, den 18.Dezember 2001
 

Mit freundlicher Genehmigung von Bettina Angela Peipe

 

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