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Hessisches
Ministerium des Innern und für Sport Postfach
31 67 · D-65021 Wiesbaden Aktenzeichen
(Bitte bei Antwort angeben) III A 3 - 82 l - Bearbeiter/in:
Herr Scherer Durchwahl:
(06 11) 353 - 1402 Datum:
im November 2000
Regelungen
über gefährliche Hunde in Hessen Ihr
Schreiben zur Problematik des Haltens und Führens gefährlicher Sehr
geehrte Dame, sehr geehrter Herr, Ihr
Schreiben und Ihre darin zum Ausdruck gebrachte Auffassung zur Aus
zahlreichen Zuschriften, auch aus der Tierärzteschaft, ist mir bekannt,
dass die Meinungen und Ansichten zu diesem Thema sehr unterschiedlich
sind. Neben
einer Vielzahl zustimmender Äusserungen werden auch zum Teil massive
Einwände erhoben. Die von Ihnen vertretenen Ansichten wurden auch von
anderen Einsendern geäussert. Die
Häufung schrecklicher Beissvorfälle mit gefährlichen Hunden in den
letzten Monaten, insbesondere der tragische Tod des sechsjährigen
Kindes Volkan in Hamburg, hatten Herrn Minister im Juli dieses Jahres
veranlasst, durch eine Kampfhundeverordnung vom 5. Juli 2000 (GVBl. I
S. 355) klare und deutliche Regelungen zum Schutz der Bevölkerung vor
aggressiven Hunden zu erlassen. Im
Vordergrund aller Bemühungen stand dabei der Schutz vor vermeidbaren
Gefahren sowie das Ziel, unverantwortliche Hundehalter dazu zu
bringen, sich Entweder zukünftig
so zu verhalten, dass Menschen und Tiere nicht gefährdet,
verletzt oder getötet werden oder, wenn sie dazu nicht in der Lage
sind, ihnen die Tiere zu entziehen. Die erforderlichen Ordnungsbehördlichen
Massnahmen setzen daher sowohl bei den Haltern als auch bei den Hunden
an. Die
Verordnung vom 5. Juli 2000 löste erhebliche öffentliche
Diskussionen aus. Die Absicht die hessischen Regelungen dem geplanten
Bundesgesetz anzugleichen sowie die inhaltliche Fortentwicklung waren
Anlass, die Sachlage noch einmal
eingehend zu beraten. Das Ergebnis dieser Beratungen war die
neu Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen gefährlicher
Hunde vom 15. August 2000 (GVBl.
I S. 411), die am 26. August 2000 in Kraft trat.
Mit ihr traten die Hundeverordnung vom 15. August 1997 und die
Kampfhundeverordnung vom 5. Juli 2000 ausser Kraft. Nach der
Verordnung vom 15.
August 2000 werden nunmehr drei Kategorien von gefährlichen Hunden
unterschieden. Lediglich für drei Hunderassen bzw. -gruppen (American
Pitbull Terrier oder Pitbull Terrier, American Stafford Terrier oder
American Staffordshire Terrier sowie Staffordshire Bullterrier) wird
die Gefährlichkeit stets vermutet. Bei zwölf anderen Hunderassen
kann durch eine Wesensprüfung
die Gefährlichkeit widerlegt werden. Schliesslich kann
es daneben aber noch andere gefährliche Hunde - unabhängig von der Rasse
- geben, die von den Behörden aufgrund konkreter Umstände im Einzelfall
als gefährlich eingestuft werden können. Zuverlässige
Halterinnen und Halter müssen sich von ungefährlichen Hunden nicht
trennen. Deshalb entspricht es auch nicht der Wahrheit, dass -- wie
dennoch oft unterstellt wird - in Hessen zukünftig tausende von
Hunden grundlos eingeschläfert werden. Klar ist aber auch: Gibt es für
die Ordnungsbehörden Gründe, einen entsprechenden Antrag auf
Erlaubnis abzulehnen, muss der Hund abgegeben werden. Der
Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat zwar mit Beschluss vom 8.
September 2000 in einem Normenkontrollverfahren einige Bestimmungen
der Verordnung ausser Vollzug gesetzt. Ausser Vollzug gesetzt worden
ist der Maulkorbzwang für die für unwiderleglich gefährlich erklärten
Hunde, die den Wesenstest
bestanden haben, die verlangte Kennzeichnung durch einen Chip und die
Unfruchtbarmachung dieser Hunde sowie das Erfordernis eines besonderen
Interesses zur Haltung als Voraussetzung der Erlaubnis. Das Gericht hat
aber die Zulässigkeit der Verordnung zum besseren Schutz der Bevölkerung
vor gefährlichen Hunden bestätigt und den Kern der Verordnung nicht
berührt. Es schreibt in der Begründung, dass "das Mass des
Obsiegens der Antragsteller sich
als relativ gering darstellt." Das Ziel der Verordnung, nämlich
ein besserer Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor gefährlichen Hunden,
kann weiter verfolgt werden. Der
VGH ist mit der von ihm beanstandeten Differenzierung der Hunderassen
nach unterschiedlicher Gefährlichkeit bedauerlicherweise von der
Rechtssprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs abgewichen. Die
hessische Verordnung hatte sich ausdrücklich an die bayerische Regelung
angelehnt. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wie auch die Regelungen
der meisten anderen Bundesländer gehen von der gleichen
Differenzierung aus. Bereits
im Frühjahr hat das Hessische Innenministerium die Erarbeitung eines
"Gesetzes über das Halten und Führen von gefährlichen
Hunden" aufgenommen, dessen Entwurf sich derzeit im Anhörungsverfahren
befindet. Die Verordnung vom 15. August 2000 ist weitgehend identisch
mit diesem Gesetzentwurf, der aufgrund des zeitaufwendigen
Gesetzgebungsverfahrens voraussichtlich erst Anfang des Jahres 2001 in
Kraft treten kann. Der Gesetzentwurf sieht die Unterteilung der gefährlichen
Hunde in die drei Kategorien der Verordnung vor. Es wird zu prüfen
sein, ob daran nach dem erwähnten Beschluss des VGH festgehalten
werden kann. Der
Gesetzentwurf ist den betroffenen Verbänden, Institutionen und
Vereinen zur Stellungnahme übersandt worden. Er wird nach dem
Beschluss des VGH nochmals überarbeitet werden müssen und dann dem
Hessischen Landtag zur Beratung und Beschlussfassung zugeleitet
werden. Die Landesregierung macht mit der Vorlage des Gesetzentwurfs
erneut deutlich, welchen Stellenwert sie dem Thema und dem Schutz der
Bürgerinnen und Bürger zumisst. Es ist das Ziel der Landesregierung,
die Bürgerinnen und Bürger nicht länger einem vermeidbaren Risiko
auszusetzen. Die
Verordnung und der Gesetzentwurf tragen den berechtigten Interessen
der Bürgerinnen und Bürger Rechnung, ohne die Interessen der
Hundehalter ausser Acht zu lassen. Darüber hinaus ist von ganz
entscheidender Bedeutung, dass die
örtlichen Ordnungsbehörden die Vorschriften konsequent anwenden und
ihre Durchführung überwachen.
Hierzu sind sie mehrfach aufgefordert worden. Die
Reaktionen in der Bevölkerung in den vergangenen Wochen zeigten, dass
die grosse Mehrheit der Hundebesitzer, auch von betroffenen Rassen,
Verständnis für diese differenzierten Massnahmen hat. Ihre Umsetzung
dient letztlich auch dem Ansehen aller verantwortungsvollen
Hundehalter, unabhängig davon, welcher Rasse ihr Hund angehört. Zur
Wahrung des Rechtsfriedens und zur Versachlichung des Themas wäre es
hilfreich, wenn Sie diese Ziele im Interesse des Wohls der
Allgemeinheit unterstützen
würden. Mit
freundlichen Grüssen
Im Auftrag
( Scherer ) |