- Hamburg


Chico, sein Arzt und die Bürokratie

Zuständigkeit: Bezirksamt Nord will den Fall abgeben. Weil das Tier jetzt in Rahlstedt lebt, soll das Bezirksamt Wandsbek das Verfahren weiterführen.

Von Ulrich Gaßdorf

Der Fall Chico - er wird immer dubioser. Weil der Kampfhund, der wegen einer mutmaßlichen Attacke auf einen Radfahrer "eingezogen" werden soll, sich jetzt auf Wandsbeker Gebiet befindet, will das bislang federführende Bezirksamt Nord das Verfahren an die Kollegen an der Wandsbeker Schloßstraße abgeben. Die sind offenbar nicht sonderlich erbaut darüber. "Wir haben noch keine Informationen zu dem Fall", sagte Wandsbeks Rechtsdezernent Wolfgang Schultz (59). Wird der Fall Chico jetzt zum Dauerärgernis?

Wie berichtet, beschäftigt der American-Staffordshire-Terrier seit mehr als vier Jahren Amtsstuben und Gerichte. Im September soll der Hund in einem Wald bei Reinbek einen Radfahrer angefallen haben. Gegen Halterin Renate Helga S. leitete die Polizei ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein. Bislang versuchte das Bezirksamt Nord vergeblich, den Hund aus dem Verkehr zu ziehen - er konnte bei der Halterin in Langenhorn nicht angetroffen werden.

Erst im Sommer hatte Chico, der einen Wesenstest nicht bestanden hatte, nach 1409 Tagen das Tierheim verlassen können. Der Aufenthalt kostete Tierheim und Steuerzahler rund 14 000 Euro. Anfang 2002 war Renate Helga S. die Haltung von Chico untersagt worden. Nachbarn hatten Angst vor dem kräftigen Hund und beschwerten sich bei Polizei und Behörde. Da Halterin S. keine Erlaubnis für die Haltung des Tieres vorweisen konnte, wurde ihr diese untersagt. Doch S. zog vor das Verwaltungsgericht, gewann den Prozeß und bekam Chico zurück.

Seit August dieses Jahres lebt Chico bei Tierarzt Dr. Dirk Schrader in Rahlstedt - Ortstermin: Gemeinsam mit Schäferhündin Zena tobt Kampfhund Chico durch den Garten. Die mehr als 1000 Quadratmeter Rasenfläche bietet ausreichend Platz zum Spielen. Die Nacht verbringt der Hund meist in einer großzügigen Box in Schraders Tierklinik an der Rahlstedter Straße. Nach dem Willen des Bezirksamtes Nord müsse sich deshalb jetzt das Bezirksamt Wandsbek "um die Möglichkeit des Einzugs des gefährlichen Hundes kümmern", so Sprecher Peter Hansen. Unterdessen kündigte Tierarzt Schrader an: "Wenn die den Hund aus meiner Obhut holen wollen, werde ich Chico mit Einwilligung der Halterin einschläfern."

Nach wie vor schließt Tierarzt Schrader aus, daß Chico den Fahrradfahrer im Wald bei Reinbek angefallen habe. Statt dessen behauptet Schrader: "Das war ein Hund, der bei mir in Behandlung war und von Frau S. ausgeführt wurde." Inzwischen sei dieser Hund gestorben. Dem Abendblatt zeigte Schrader in einer Tiefkühltruhe einen schwarzen Tierkörperbeseitigungssack. "Da ist der Hund drin." Chico erfreut sich laut Schrader bester Gesundheit und sei sehr friedlich und kein bißchen gefährlich. "Lediglich gegenüber Fremden ist das Tier zunächst zurückhaltend, aber keineswegs aggressiv."

erschienen am 13. Dezember 2005

 Zurück