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- Leserbrief |
Herrn
Landwirtschaftsminister
Uwe Bartels
-Niedersächsisches Ministerium für
Landwirtschaft, Ernährung und Forsten-
Calenberger Strasse 2
30169 Hannover
Sehr geehrter Herr Minister
Bartels,
bezugnehmend auf o.a. Drucksache und Antwort Ihres Referats, wie auch der unlängst erfolgten Rechtssprechung des OVG Lüneburg (11 K 4333/00) und hieraus resultierender Presseerklärung (Bartels zum "Lüneburger Urteil": "Gefahrtier-VO in den wichtigen Punkten bestätigt") erlaube ich mir, Sie gegebenfalls mit einigen Informationen zu versehen, die möglicherweise geeignet sein könnten, das hehre Bild vom so genannten Kampfhund ein wenig zu korrigieren?
Zu meiner Person finden Sie in Anl. 2 (Beißkraft etc.) eingängliche Auskunft, so daß ich hier von einer erneuten Darstellung absehen darf. Hinzuzufügen wäre allenfalls, daß die Thematik "Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden" schon seit 1977 (Berlin) behandelt und von mir seitdem verfolgt wurde.
Zunächst bitte ich Sie die Anl. 1 einzusehen. Die Übersicht ist nicht vollständig. Mindestens zwei tödliche Unfälle mit jeweils einem Dackel sind nicht enthalten; wie -da Auswahl- ältere Vorfälle mit Deutschen Boxern und Deutschen Doggen (Berichterstatter Dr. Grzimek) bislang von mir nicht integriert wurden.
Aus den dokumentierten Fällen ist ersichtlich, daß so genannte "Kampfhunde" keinesfalls in überproportionaler Weise auffällig geworden sind. Vielmehr die "im Bewußtsein der deutschen Bevölkerung" arrivierten Rassen (nebst ihrer Mischlingsformen). Ich unterlasse "Beißstatistiken" aus z.B. U.S.A., Kanada und Australien aufzuführen, wo ebenfalls gewisse deutsche Rassen im oberen Drittel für Todesfälle verantwortlich zeichnen. Weiter geht es mir nicht darum, ein neues Feindbild aufzubauen. Es klingt jedoch wenig plausibel, anzugeben, daß es aus verwaltungsorganisatorischen Gründen nicht machbar sei, z.B. den Deutschen Schäferhund zu reglementieren, man sich deshalb auf einige wenige Rassen reduzieren müsse. Hier liegen meines Erachtens wohl eher wahltaktische (Un)Wägbarkeiten vor. Zudem läßt sich ernsthaft fragen, warum keine Beißunfälle statistisch erfaßt werden können? Selbst die latent vorhandene "Dunkelziffer" läßt dieses in humanen "Kriminalstatistiken " zu, wie unlängst publiziert (Schily). Die Niederlande und Frankreich (wie in U.S.A.) praktizieren "Beißstatistiken" bereits seit Jahren!
Da jedoch Gleiches gleich zu behandeln ist, haben die OVG-e in Kiel und Lüneburg durchaus zu Recht (wie vordem Bremen, Hamburg und Mannheim) gefunden, in dem diese nicht von einer artspezifischen sondern individuellen Gefährlichkeit (meist wohl die Halter!) ausgehen.
Die Unsinnigkeit von "Rasselisten" zeigt sich weiter, wenn man einmal versucht, die "ordentlichen" Hunde zu erfassen. Diensthunde, vulgo "Polizeihunde". Qua Amt dem Schutze der Bevölkerung verpflichtet. Wo auch Hervorragendes geleistet wird, dennoch (z.Zt. in Bearbeitung):
Die Auswahl zeigt, daß "rassespezifische" Denke von Übel ist, selbst "beamtete" Quadrupeden zubeißen! Und somit, daß "Wesensteste" kaum verhindern werden, daß ein Hund gelegentlich beißt. Von Beißereien innerhalb der Spezies abgesehen, da diese zum Artverhalten von Hunden gehören.
Möglicherweise können die Anlagen helfen, das durch Augstein-Springer-Focus-Medien (Auswahl) initiierte Bild vom Gefahrhund ein wenig näher in das Licht zu rücken, wohin es gehört? So lang der Mensch Hunde hält, so lange gab und gibt es Beißvorfälle (zwei per anno bereits "Vom 1sten October 1810 bis zum 30sten März 1811" in "Berliner Abendblätter", hrsg. von Heinrich von Kleist).
Mit freundlichem Gruße
Werner G. Preugschat
Glatzer Str. 8 32139 Spenge Tel.: 05225-861363 Fax: 05225-861364 Mobil: 0172-9985276 we.preugschat@t-online.de
|
Betreff:
Hunde
mit mächtigem Biss Art. Aus Stuttgarter Nachrichten vom 18.01.2001 (jos) Sehr
geehrte Damen, sehr geehrte Herren, bezugnehmend
auf o.a. Bericht fällt es mir nicht leicht, Ihnen so zu
antworten, wie ich es eigentlich müßte. Nämlich genau so
unsachlich und wenig qualifiziert, wie der geistige Urheber dieser
Angaben über die Beißkraft von so genannten Kampfhunden es
in Ihrer Zeitung vollziehen durfte. Zunächst
gestatten Sie mir eine kurze Vorstellung: Aktiver
DB-Lokomotivführer und Ausbilder (für DB-Cargo, Nah- wie
Fernverkehr, ebenso am Fahrsimulator für IC) bin ich qua Beruf
mit dem vertraut, was man gemeinhin mit öffentlicher
Sicherheit bezeichnet. Zudem halte ich seit 1968 so genannte
Kampfhunde. Und dieses so problemlos wie andere ihre Dackel.
Woraus Sie ableiten dürfen, daß ich mit der Evolution
dieser Spezies Kampfhund vertraut bin. Doch dieses ist ein
anderes Thema. Meine
Kritik bezieht sich auf Ihre einleitende Passage, wo es heißt: Die
Beißkraft von Kampfhunden ist enorm: Sie
beträgt bis zu 2, 8 Tonnen. Ein normaler Schäferhund bringt es auf 700
Kilo, ein Mensch auf 110. Ich
möchte dem Initiator dieser Angaben nicht wehtun. Möglicherweise
gehört dieser zu den Menschen, die glauben, was alles so in der
Presse publiziert wird? Ein guter Redakteur sollte jedoch hiervon
Abstand halten! Und hierzu gehört eine gute Recherche. Fangen
wir damit einmal an. Und setzen wir voraus, daß die Diskussion über
so genannte Kampfhunde bereits in den U.S.A. Ende der
vergangenen 70-er, hierzulande etwa ab Mitte der 80-er begann. Schon
in den Staaten wurde damals publiziert, daß der Pit Bull
zwei, ja sogar dreifache Kiefergelenke haben sollte. Und gar
zweifache Zahnreihen (mit 82 Zähnen). Auch dort überschlug man
sich mit horrenden Angaben über die vermeintliche Beißkraft. Und
auf eine ausgeprägte Backenmuskulatur! Fakt
ist, daß Angaben über Beißkräfte von Hunden erstmals von
Lindner, D.L., Maretta, S.M., Pijanowsky, G.J., Johnson, A.L. und
Smith, Ch.W. im Jahre 1995 seriös ermittelt wurden. Hierzu sollte
der Beitrag Measurement
of Bite Force in Dogs: A
Pilot Study eingesehen werden. Veröffentlicht in J.
Vet. Dent., 1995, (12) 2; 49-54. Die
Ärzteschaft untersuchte anhand eines Transponders (Elektronik im
Kauknochen) 48 Hunde. Es stellte sich heraus, daß die Beißkraft
um so größer sein kann, wie die Rasse es ist. Die größte Beißkraft
von sieben getesteten Rassen (ohne Pittbullartige) zeigte ein
Rottweiler (1200 kp). Dabei schwankte die Kraft bei den vier
getesteten Rottweilern zwischen 280 bis 1200 kp. Ein Retriever
brachte es auf 480 kp. Gleiche Beobachtungen sind übrigens bei
Schimpansen erfolgt, wo das größte Tier die höchste Kraft
aufbringt. Moxham und Berkowitz (The
effects of external forces on the periodontal ligament; the
response to axials loads, in: The
Periodontal Ligament in Health and Disease, Pergamon
Press, New York (1982), pp. 249-68) wie Profitt et al. (Occlusal
forces in normal- and long-faced adults, in: J. dent. Research,
1983, (62); 566-71) wiesen übrigens schon früher nach, daß die
hier wissentlich vorgenommenen Untersuchen von Menschen-
Beißkräfte
entwickeln können, die im Bereiche zwischen 100
bis 1300 kp variieren. Also sogar den Rottweiler übertreffen
können! Die Meßapparatur heißt nebenbei Gnathometer. Mit
anderen Worten: Angaben über Beißkräfte von Hunden zu
vertrauen, ist höchst unsicher. Der eine Vierfüßler beißt
fest, weil er will, der andere eben nicht. Und Angaben v o r 1995
der jeweiligen Phantasie entsprungen sind! Zwar
gibt es (ohne Beißkraftwerte) von John B. Brunski und John A.
Hipp noch eine frühere Untersuchung aus 1984 (vgl. In
Vivo Forces On Dental Implants: Hard-Wiring And Telemetry Methods,
in: J.
biomechanics,
Vol. 17, No. 11; pp. 855-60), doch wurden hier Versuche an vier
Retrievern unternommen, die man zuvor narkotisierte und anschließend
per Elektroschock zum Beißen stimulierte. Wie
also kommen Angaben über Beißkräfte von Hunden auf den Markt?
Es ist dieses die eigentliche Frage! Und
dieses besonders extrem beim Pit Bull. Blicken
wir einmal zurück: Die
BILD vom 23. Oktober
1991 wußte noch, daß dieses Untier mit 500 Kilo zubeißen
sollte (Kampfhunde in
ganz Berlin verboten). Zahlen gab es ja damals noch nicht, der
Pilotversuch ohne Pitbull, wie gesagt- erfolgte erst
1995. Unbewußt hat BILD
wohl hier eine Angabe erstellt, die der möglichen Wahrheit unter
Berücksichtigung der ausgewiesenen Körpergröße am ehesten
entsprechen könnte. Der
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg schrieb über die Beißkraft
1991, also wo BILD
bereits eine Größe kannte(Motto: BILD
war dabei), es fehlen aussagekräftige wissenschaftliche
Untersuchungen, veröffentlicht unter Az.: 1 S 2590/91 v.
18. Aug. 1992, S. 15. 1999
wissen SPIEGEL-Leser
mehr: Der Pitbull
entfacht eine Beißkraft, die rund einer Tonne entspricht.
Die Verdoppelung des Beißwertes ist aufzufinden im Beitrag Prozac
im Futternapf der Ausg. 6/99, S. 172. Im
Januar des Jahres 2001 berichtete, hier erneut in BILD,
Doris Bruckner über Kampfhunde bissen den kleinen Volkan
tot. Strafakte 7400 Js: ein Prozeß der Tränen. Nach ihr
soll Zeus den Jungen bereits mit einer Beißkraft
von 2000 Tonnen im Kiefer
getötet haben! Der
Gipfel dieses Zahnkultes war jedoch in der BERLINER
ZEITUNG aufzufinden: Hier wußten die Redaktionen in
der bebilderten Rassebeschreibung von sog. Kampfhunden beim
Pitbull von einem Kieferdruck bis zu drei Tonnen (Ausg. 12. Okt.
1997). Ein Wert, der
nochmals am 29. Mai 1998 auf S. 26 ausgesprochen wurde und bis
heute unübertroffen blieb! Man
muß sich fragen, wo die Sachlichkeit geblieben ist? Auf der
redaktionellen Strecke jedenfalls. Wo unqualifizierte Angaben
erhoben werden, die eigenen Phantasien entsprechen. Die ausgetobt
werden. Denn: In Mechanical Advantage in the Pit Bull Jaw a paper submitted to the
faculty of the biology department, Presbyterian
College, in partial fulfilment of the requirements for Biology 401
(19 p.) , bereits am 9. November
1988 veröffentlicht, kam Jesse M. Bridgers nach craniologischen
Messungen und Vergleich verschiedener Hundeschädel zu dem
Ergebnis, daß es keinerlei Beweise für die Annahme gäbe, daß
die Beißkraft eines Pitbulls höher als bei in Größe und Stärke
vergleichbarer anderen Rasse sei. Die
Untersuchung anhand Schädelformen ist nicht neu. Schon vor dem
1.Weltkrieg promovierte Bruno Baege mit einer vergleichenden
Studie über die Englische Bulldogge. Er fand heraus, daß die Beißkraft
eines Hundes anhand der anatomischen Merkmale des Schädels bei
der Rasse am größten sei, die dem Urvater Wolf am ähnlichsten
sei. Und
dieses war na wer denn wohl- der Deutsche Schäferhund! Am
Rande sei noch bemerkt, daß dieses sicher unnötige und
bedauernswerte- Opfer Volkan nicht zerfleischt wurde. Er starb, so
in seriösen Veröffentlichungen nachlesbar, an durchbissener oder
zerrissener Halsschlagader, wie die Obduktion ergab. Ich faxe
Ihnen eine Übersicht tödlich verlaufener Beißunfälle in
Deutschland zu ( ab 1968 - Stand März 2001).Bei den aufgeführten
Todesfällen, wobei überwiegend keine so genannten Kampfhunde beteiligt, kam es
wiederholt vor, daß der Tod durch einen Biß in die ungeschützte
Halsschlagader ausgelöst wurde. Bestimmt dieses jedoch kein
rassespezifisch abnormes Verhalten ist. Abschließend
bleibt zu fragen, was es für einen Sinn ergibt, mit
vermeintlichen Beißkräften zu wuchern? Es
dürfte jedem Opfer absolut egal bleiben, ob dieses nun mit 100 kp
oder 3000 kp erfolgte. Und sicher wird dieses Trost darin finden,
wenn dieses durch einen so genannten Kampfhund verursacht wurde - statt
durch Rassen, die im Bewußtsein der deutschen Bevölkerung seit
altersher vertraut sind, wie im Juristendeutsch es bezeichnet! Hier zeigt sich
die Unsinnigkeit von Beißkraftangaben und rassespezifischer Gefährlichkeitszuweisungen. Erst
indem man solche unqualifizierten Aussagen erstellt, erweckt man
das Interesse an vierbeinigen Waffen, an Hunden ohne
Sicherungshebel, um nur einige Pressedarstellungen zu nennen.
Bereitet so den Markt vor, wo sich dann willfährige Vermehrer
finden, die willensschwache Käufer finden. Hier liegt das
eigentliche Kampfhundeproblem! Gestatten
Sie mir noch einen weiteren Rückblick zum Phänomen
Kampfhund und seinem Werdegang. Hier
am Beispiele Bayerns. Dazu
ist es notwendig, sich zunächst in den Gesetzentwurf der
Staatsregierung Bayern Gesetz zur Änderung des Landesstraf-
und Verordnungsgesetzes Drs. 273/91 vom 16. Aug. 1991
einzulesen. Auf
S. 5 heißt es : Eine
wissenschaftlich allgemein anerkannte Defination des Kampfhundes
gibt es nicht. Um dem Bestimmtheitsgebot Rechnung zu tragen, wird der Begriff
Kampfhund in Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz gesetzlich
festgelegt. In
den Beratungen wiesen der damalig verantwortliche Sprecher des
bayerischen Rechts- und Verfassungsausschusses Dr. Grethlein und
Andere wiederholt darauf hin, daß es keine Kampfhunde gibt
und der Begriff nicht haltbar sei (vgl. Sen.-Drs. 278/91 und
297/91). In
der 8.Sitzung am 28. September 1991 äußert sich der damalige
Staatsminister Dr. Stoiber hierzu.: Meine Damen und Herren, ich
will jetzt nicht abschließend zu Ihren Bemerkungen Stellung
nehmen, weil die Staatsregierung noch zu dem Votum des Senats,
sollte er heute so, wie vom Ausschuß vorgeschlagen, befinden,
Stellung beziehen will und das Kabinett nicht festlegen kann. Ich
meine nur, es wird schwierig sein, vom Begriff Kampfhund
abzuweichen, weil dieser eben ein gewisser populistischer wenn
Sie so wollen- Terminus technicus- geworden ist, mit dem das
Gesetz insgesamt umschrieben wird. Der Begriff ist prägnant. Stoiber
selbst gab damals zu, daß populistische Erwägungen vorlagen! Obwohl
der Rechts- und Verfassungsausschuß anderer Meinung vorerst
blieb, unterrichtete die Bayerische Staatsregierung mit Sen.-Drs.
304/91 am 8. Oktober 1991: Die Staatsregierung hält an
der Verwendung des Begriffs Kampfhund im vorgeschlagenen
Gesetzeswortlaut fest, auch wenn es sich dabei nicht um einen
wissenschaftlich vorgeprägten
Begriff handelt. Der Begriff Kampfhund ist inzwischen in der
öffentlichen Diskussion allgemein eingeführt. In
der 5. Sitzung des Senats am 4. Juni 1992 (Prot. S. 87) sagte Dr.
Grethlein abschließend: Der
Rechtsausschuß hat
sich gestern dieser Auffassung des Berichterstatters ohne
Diskussion einstimmig angeschlossen. Einwendungen zu erheben ist
eine Möglichkeit, von der der Senat stets mit Zurückhaltung
Gebrauch gemacht hat. Aus dieser Tradition schlägt der Rechts-
und Verfassungsausschuß als Ergebnis seiner Beratungen in der
Sitzung vom 3. Juni 1992 unter dem Vorsitz von Herrn Senator
Burnhauser einstimmig vor, gegen das von Ihnen vorliegende Gesetz
zur Änderung des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes, vom
Bayerischen Landtag am 21. Mai 1992 beschlossen, keine
Einwendungen zu erheben. Ich bitte Sie, ebenso zu beschließen. Damit
war das Gesetz durch. Populismus
und Tradition liegen ursächlich diesem Gesetzgebungsverfahren
zugrunde. Begleitend so ist es in einem unlängst an eine
Politikerin gerichteten Schreiben von einem der damals
mitbeteiligten Experten zu lesen- suchte man sich aus einigen Büchern
einige Rassen heraus, die -durch Printmedien vornehmlich
verbreitet- ein
Kampfhundeimage in
sich tragen sollten! Womit
die bis dato eigentlich verantwortlichen Beißer aus der
Kritik waren. Die Presse, vornehmlich der SPIEGEL und STERN,
hatten nämlich bemerkt, daß der Deutsche Schäferhund nicht
immer unbedingt gehorsam war (Hier nur Auswahl: SPIEGEL
45/1980: Volle Hosen;
12/1985: Gefühl des
Sieges; auch Kamerad
Hasso von Jürgen Bertram machte die Runde. N. Frank
titulierte den Schäferhund im STERN gar als Mörder
und Pershing II im schwarzgelben Fell). Und
in Bayern so ermittelte der SPIEGEL bereits in Ausg. 5/1976- gab es ausgedehnte
Hundezuchtfarmen, die massenhaft Dackel und Schäferhunde
produzierten und damit städtische Hunde-Boutiquen
belieferten. Man also gut daran tat, sich diese um ein vielfach größere
Wählerklientel nicht zu vergraulen. Und die nicht zu vermeidbare
Diskussion zu begrenzen. Schließlich haben der Schäferhundverein
und Boxerklub ihren Sitz in Bayern. Denn
die so genannten Kampfhunderassen waren in ihrer gesamten
Population in Deutschland damals allenfalls so stark vertreten,
wie andere Rassen vielleicht in einer Woche Welpen produzierten. Der
Schäferhundverband wußte damals um die Misere. In einer
taktischen Meisterleistung in Form einer Pressemitteilung,
gerichtet an die Parteien im Saarland, wo zuvor bereits über Maßnahmen
gegenüber Kampfhunden beraten wurde, distanzierte dieser
sich von diesen frevelhaften Wesen Kampfhund und befürwortete
gesetzgeberische Initiativen. Nachzulesen in einem
stenographischen Protokoll des Saarländischen Landtages. Schließlich
gab es bereits seit 1983 von Dietrich Kolbe, der mit Beißende
Hunde in einer Großstadt. Seuchenhygienische Bedeutung,
ethologische Aspekte und verwaltungsrechtliche Behandlung
an der veterinärmedizinischen Fakultät der FU Berlin
promovierte, eine Tabelle 4 mit Rassenverteilung beißender
Hunde. Bei 1530 Berliner Vorfällen waren in 839 Fällen (54,
84%) Schäferhunde beteiligt. Kein einziger Vorfall jedoch mit so
genannten Kampfhunden. Jüngere
Übersichten über tödlich verlaufene Beißunfälle mit Hunden in
U.S.A. dokumentieren immer noch, daß die so genannten
Kampfhunde allenfalls am Rande auffällig geworden sind. Es
gibt jedoch ein Pitbullproblem. Und zwar in der Art, daß der
eigentlich auffällig gewordene Pitbull zumeist irgendeine nicht näher
definierbare Verbastardierung ist. pit bull-Type eben. Man
nehme z. B. einen Deutschen Boxer. Und kreuze ihn vielleicht mit
einem Bullterrier. Was kommt heraus? Der ordentliche Hundehalter
gibt beim Ordnungsamt an: Boxermischling. Der Chaot protzt mit
seinem Pitbull. Denn zumeist sind die Beißer nicht ordentlicher
Rassehundezucht entsprungen, wo auf Blutlinien und
Wesenseigenschaften - in Generationen aufgebaut, eine überwachte
Wurf- und Aufzuchtkontrolle erfolgt. Und aus tierschützerischer
Sicht sogar die Geburtszyklen im Sinne des Mutterschutzes
reduziert werden. Unter diesem Aspekt bleiben in fast allen
Bundesländern auch die neuen Verordnungen wirkungslos, da der
gewerbsmäßige Hundehandel nicht betroffen ist. Womit man sicher
Klagen wegen eines möglichen Berufsverbotes vorbeugen möchte. Abschließend
darf ich Sie noch auf zwei Veröffentlichungen hinweisen. Es ist zunächst Dog-bite
related fatalities United States- 1979-1996, Hg.
Centers for Disease Control (U.S. Department of Health), in: M(orbid)
M(ortal) W(eekly) R(eport), May 30, 1997, (46); 463-67. Sowie die erweiterte Übersicht Special
Report: Breeds of dogs involved in fatal human attacks in the
United States between
1979 and 1998, in JAVMA,
Vol. 217, 6; Sept. 15, 2000; 836-40. Bekannte
Autoren, wie u.a. Jeffrey J. Sacks und Randall Lockwood sind hier
beteiligt. Bleibt
letztlich nur noch darauf hinzuweisen, daß der Kampfhund
ein Medienprodukt ist. Und die Presse so wie in Sebnitz unlängst-
erst die Verteufelung einleitete. Sollten
meine Ausführungen Sie bisher nicht nachdenklich gestimmt haben,
müßten Sie es spätestens nach dem Lesen der Diplomarbeit von
Petra Dressler über das Medienspektakel um Kampfhunde
werden (erschienen am 16. April 1999 an der HdK Berlin; 229 S. In
4°) . Hier hat sich einmal jemand der Mühen unterzogen und die
Berichterstattung vornehmlich aus Berliner Tageszeitungen von 1995
bis 1998 ausgewertet. Es ist schon erstaunlich, mit welchen
Aussagen hier bewußt Stimmung gemacht wurde. Und wie widersprüchlich in den
verschiedenen Zeitungen über denselben Vorfall berichtet wurde.
Wie zudem ausländische Vorfälle ungeniert übernommen wurden, um
so die Horrorgemälde in deutsche Länder zu übertragen. Ein
Gespinst von Phantasien und Panikmache. Kein Ruhmesblatt für seriöse
Journalistenarbeit. Fürwahr. Ein
kleines Nachwort sei noch gestattet: Es
ist bemerkenswert, daß man in einem anderen Länderparlament die
Ansicht des Justizministers nachlesen kann, daß die bayerische
Hundeverordnung, von den Bayern höchst selbstgelobt (!),
nicht so einfach zu übernehmen sei. Man finde in Baden-Württemberg
schließlich keine so freundliche Rechtssprechung wie in Bayern. Mit
freundlichen Grüßen
|
Betreff:
Hunde
mit mächtigem Biss Art. Aus Stuttgarter Nachrichten vom 18.01.2001 (jos) Sehr
geehrte Damen, sehr geehrte Herren, bezugnehmend
auf o.a. Bericht fällt es mir nicht leicht, Ihnen so zu
antworten, wie ich es eigentlich müßte. Nämlich genau so
unsachlich und wenig qualifiziert, wie der geistige Urheber dieser
Angaben über die Beißkraft von so genannten Kampfhunden es
in Ihrer Zeitung vollziehen durfte. Zunächst
gestatten Sie mir eine kurze Vorstellung: Aktiver
DB-Lokomotivführer und Ausbilder (für DB-Cargo, Nah- wie
Fernverkehr, ebenso am Fahrsimulator für IC) bin ich qua Beruf
mit dem vertraut, was man gemeinhin mit öffentlicher
Sicherheit bezeichnet. Zudem halte ich seit 1968 so genannte
Kampfhunde. Und dieses so problemlos wie andere ihre Dackel.
Woraus Sie ableiten dürfen, daß ich mit der Evolution
dieser Spezies Kampfhund vertraut bin. Doch dieses ist ein
anderes Thema. Meine
Kritik bezieht sich auf Ihre einleitende Passage, wo es heißt: Die
Beißkraft von Kampfhunden ist enorm: Sie
beträgt bis zu 2, 8 Tonnen. Ein normaler Schäferhund bringt es auf 700
Kilo, ein Mensch auf 110. Ich
möchte dem Initiator dieser Angaben nicht wehtun. Möglicherweise
gehört dieser zu den Menschen, die glauben, was alles so in der
Presse publiziert wird? Ein guter Redakteur sollte jedoch hiervon
Abstand halten! Und hierzu gehört eine gute Recherche. Fangen
wir damit einmal an. Und setzen wir voraus, daß die Diskussion über
so genannte Kampfhunde bereits in den U.S.A. Ende der
vergangenen 70-er, hierzulande etwa ab Mitte der 80-er begann. Schon
in den Staaten wurde damals publiziert, daß der Pit Bull
zwei, ja sogar dreifache Kiefergelenke haben sollte. Und gar
zweifache Zahnreihen (mit 82 Zähnen). Auch dort überschlug man
sich mit horrenden Angaben über die vermeintliche Beißkraft. Und
auf eine ausgeprägte Backenmuskulatur! Fakt
ist, daß Angaben über Beißkräfte von Hunden erstmals von
Lindner, D.L., Maretta, S.M., Pijanowsky, G.J., Johnson, A.L. und
Smith, Ch.W. im Jahre 1995 seriös ermittelt wurden. Hierzu sollte
der Beitrag Measurement
of Bite Force in Dogs: A
Pilot Study eingesehen werden. Veröffentlicht in J.
Vet. Dent., 1995, (12) 2; 49-54. Die
Ärzteschaft untersuchte anhand eines Transponders (Elektronik im
Kauknochen) 48 Hunde. Es stellte sich heraus, daß die Beißkraft
um so größer sein kann, wie die Rasse es ist. Die größte Beißkraft
von sieben getesteten Rassen (ohne Pittbullartige) zeigte ein
Rottweiler (1200 kp). Dabei schwankte die Kraft bei den vier
getesteten Rottweilern zwischen 280 bis 1200 kp. Ein Retriever
brachte es auf 480 kp. Gleiche Beobachtungen sind übrigens bei
Schimpansen erfolgt, wo das größte Tier die höchste Kraft
aufbringt. Moxham und Berkowitz (The
effects of external forces on the periodontal ligament; the
response to axials loads, in: The
Periodontal Ligament in Health and Disease, Pergamon
Press, New York (1982), pp. 249-68) wie Profitt et al. (Occlusal
forces in normal- and long-faced adults, in: J. dent. Research,
1983, (62); 566-71) wiesen übrigens schon früher nach, daß die
hier wissentlich vorgenommenen Untersuchen von Menschen-
Beißkräfte
entwickeln können, die im Bereiche zwischen 100
bis 1300 kp variieren. Also sogar den Rottweiler übertreffen
können! Die Meßapparatur heißt nebenbei Gnathometer. Mit
anderen Worten: Angaben über Beißkräfte von Hunden zu
vertrauen, ist höchst unsicher. Der eine Vierfüßler beißt
fest, weil er will, der andere eben nicht. Und Angaben v o r 1995
der jeweiligen Phantasie entsprungen sind! Zwar
gibt es (ohne Beißkraftwerte) von John B. Brunski und John A.
Hipp noch eine frühere Untersuchung aus 1984 (vgl. In
Vivo Forces On Dental Implants: Hard-Wiring And Telemetry Methods,
in: J.
biomechanics,
Vol. 17, No. 11; pp. 855-60), doch wurden hier Versuche an vier
Retrievern unternommen, die man zuvor narkotisierte und anschließend
per Elektroschock zum Beißen stimulierte. Wie
also kommen Angaben über Beißkräfte von Hunden auf den Markt?
Es ist dieses die eigentliche Frage! Und
dieses besonders extrem beim Pit Bull. Blicken
wir einmal zurück: Die
BILD vom 23. Oktober
1991 wußte noch, daß dieses Untier mit 500 Kilo zubeißen
sollte (Kampfhunde in
ganz Berlin verboten). Zahlen gab es ja damals noch nicht, der
Pilotversuch ohne Pitbull, wie gesagt- erfolgte erst
1995. Unbewußt hat BILD
wohl hier eine Angabe erstellt, die der möglichen Wahrheit unter
Berücksichtigung der ausgewiesenen Körpergröße am ehesten
entsprechen könnte. Der
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg schrieb über die Beißkraft
1991, also wo BILD
bereits eine Größe kannte(Motto: BILD
war dabei), es fehlen aussagekräftige wissenschaftliche
Untersuchungen, veröffentlicht unter Az.: 1 S 2590/91 v.
18. Aug. 1992, S. 15. 1999
wissen SPIEGEL-Leser
mehr: Der Pitbull
entfacht eine Beißkraft, die rund einer Tonne entspricht.
Die Verdoppelung des Beißwertes ist aufzufinden im Beitrag Prozac
im Futternapf der Ausg. 6/99, S. 172. Im
Januar des Jahres 2001 berichtete, hier erneut in BILD,
Doris Bruckner über Kampfhunde bissen den kleinen Volkan
tot. Strafakte 7400 Js: ein Prozeß der Tränen. Nach ihr
soll Zeus den Jungen bereits mit einer Beißkraft
von 2000 Tonnen im Kiefer
getötet haben! Der
Gipfel dieses Zahnkultes war jedoch in der BERLINER
ZEITUNG aufzufinden: Hier wußten die Redaktionen in
der bebilderten Rassebeschreibung von sog. Kampfhunden beim
Pitbull von einem Kieferdruck bis zu drei Tonnen (Ausg. 12. Okt.
1997). Ein Wert, der
nochmals am 29. Mai 1998 auf S. 26 ausgesprochen wurde und bis
heute unübertroffen blieb! Man
muß sich fragen, wo die Sachlichkeit geblieben ist? Auf der
redaktionellen Strecke jedenfalls. Wo unqualifizierte Angaben
erhoben werden, die eigenen Phantasien entsprechen. Die ausgetobt
werden. Denn: In Mechanical Advantage in the Pit Bull Jaw a paper submitted to the
faculty of the biology department, Presbyterian
College, in partial fulfilment of the requirements for Biology 401
(19 p.) , bereits am 9. November
1988 veröffentlicht, kam Jesse M. Bridgers nach craniologischen
Messungen und Vergleich verschiedener Hundeschädel zu dem
Ergebnis, daß es keinerlei Beweise für die Annahme gäbe, daß
die Beißkraft eines Pitbulls höher als bei in Größe und Stärke
vergleichbarer anderen Rasse sei. Die
Untersuchung anhand Schädelformen ist nicht neu. Schon vor dem
1.Weltkrieg promovierte Bruno Baege mit einer vergleichenden
Studie über die Englische Bulldogge. Er fand heraus, daß die Beißkraft
eines Hundes anhand der anatomischen Merkmale des Schädels bei
der Rasse am größten sei, die dem Urvater Wolf am ähnlichsten
sei. Und
dieses war na wer denn wohl- der Deutsche Schäferhund! Am
Rande sei noch bemerkt, daß dieses sicher unnötige und
bedauernswerte- Opfer Volkan nicht zerfleischt wurde. Er starb, so
in seriösen Veröffentlichungen nachlesbar, an durchbissener oder
zerrissener Halsschlagader, wie die Obduktion ergab. Ich faxe
Ihnen eine Übersicht tödlich verlaufener Beißunfälle in
Deutschland zu ( ab 1968 - Stand März 2001).Bei den aufgeführten
Todesfällen, wobei überwiegend keine so genannten Kampfhunde beteiligt, kam es
wiederholt vor, daß der Tod durch einen Biß in die ungeschützte
Halsschlagader ausgelöst wurde. Bestimmt dieses jedoch kein
rassespezifisch abnormes Verhalten ist. Abschließend
bleibt zu fragen, was es für einen Sinn ergibt, mit
vermeintlichen Beißkräften zu wuchern? Es
dürfte jedem Opfer absolut egal bleiben, ob dieses nun mit 100 kp
oder 3000 kp erfolgte. Und sicher wird dieses Trost darin finden,
wenn dieses durch einen so genannten Kampfhund verursacht wurde - statt
durch Rassen, die im Bewußtsein der deutschen Bevölkerung seit
altersher vertraut sind, wie im Juristendeutsch es bezeichnet! Hier zeigt sich die Unsinnigkeit von Beißkraftangaben und
rassespezifischer Gefährlichkeitszuweisungen. Erst
indem man solche unqualifizierten Aussagen erstellt, erweckt man
das Interesse an vierbeinigen Waffen, an Hunden ohne
Sicherungshebel, um nur einige Pressedarstellungen zu nennen.
Bereitet so den Markt vor, wo sich dann willfährige Vermehrer
finden, die willensschwache Käufer finden. Hier liegt das
eigentliche Kampfhundeproblem! Gestatten
Sie mir noch einen weiteren Rückblick zum Phänomen
Kampfhund und seinem Werdegang. Hier
am Beispiele Bayerns. Dazu
ist es notwendig, sich zunächst in den Gesetzentwurf der
Staatsregierung Bayern Gesetz zur Änderung des Landesstraf-
und Verordnungsgesetzes Drs. 273/91 vom 16. Aug. 1991
einzulesen. Auf
S. 5 heißt es : Eine
wissenschaftlich allgemein anerkannte Defination des Kampfhundes
gibt es nicht. Um dem Bestimmtheitsgebot Rechnung zu tragen, wird der Begriff
Kampfhund in Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz gesetzlich
festgelegt. In
den Beratungen wiesen der damalig verantwortliche Sprecher des
bayerischen Rechts- und Verfassungsausschusses Dr. Grethlein und
Andere wiederholt darauf hin, daß es keine Kampfhunde gibt
und der Begriff nicht haltbar sei (vgl. Sen.-Drs. 278/91 und
297/91). In
der 8.Sitzung am 28. September 1991 äußert sich der damalige
Staatsminister Dr. Stoiber hierzu.: Meine Damen und Herren, ich
will jetzt nicht abschließend zu Ihren Bemerkungen Stellung
nehmen, weil die Staatsregierung noch zu dem Votum des Senats,
sollte er heute so, wie vom Ausschuß vorgeschlagen, befinden,
Stellung beziehen will und das Kabinett nicht festlegen kann. Ich
meine nur, es wird schwierig sein, vom Begriff Kampfhund
abzuweichen, weil dieser eben ein gewisser populistischer wenn
Sie so wollen- Terminus technicus- geworden ist, mit dem das
Gesetz insgesamt umschrieben wird. Der Begriff ist prägnant. Stoiber
selbst gab damals zu, daß populistische Erwägungen vorlagen! Obwohl
der Rechts- und Verfassungsausschuß anderer Meinung vorerst
blieb, unterrichtete die Bayerische Staatsregierung mit Sen.-Drs.
304/91 am 8. Oktober 1991: Die Staatsregierung hält an
der Verwendung des Begriffs Kampfhund im vorgeschlagenen
Gesetzeswortlaut fest, auch wenn es sich dabei nicht um einen
wissenschaftlich vorgeprägten
Begriff handelt. Der Begriff Kampfhund ist inzwischen in der
öffentlichen Diskussion allgemein eingeführt. In
der 5. Sitzung des Senats am 4. Juni 1992 (Prot. S. 87) sagte Dr.
Grethlein abschließend: Der
Rechtsausschuß hat
sich gestern dieser Auffassung des Berichterstatters ohne
Diskussion einstimmig angeschlossen. Einwendungen zu erheben ist
eine Möglichkeit, von der der Senat stets mit Zurückhaltung
Gebrauch gemacht hat. Aus dieser Tradition schlägt der Rechts-
und Verfassungsausschuß als Ergebnis seiner Beratungen in der
Sitzung vom 3. Juni 1992 unter dem Vorsitz von Herrn Senator
Burnhauser einstimmig vor, gegen das von Ihnen vorliegende Gesetz
zur Änderung des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes, vom
Bayerischen Landtag am 21. Mai 1992 beschlossen, keine
Einwendungen zu erheben. Ich bitte Sie, ebenso zu beschließen. Damit
war das Gesetz durch. Populismus
und Tradition liegen ursächlich diesem Gesetzgebungsverfahren
zugrunde. Begleitend so ist es in einem unlängst an eine
Politikerin gerichteten Schreiben von einem der damals
mitbeteiligten Experten zu lesen- suchte man sich aus einigen Büchern
einige Rassen heraus, die -durch Printmedien vornehmlich
verbreitet- ein
Kampfhundeimage in
sich tragen sollten! Womit
die bis dato eigentlich verantwortlichen Beißer aus der
Kritik waren. Die Presse, vornehmlich der SPIEGEL und STERN,
hatten nämlich bemerkt, daß der Deutsche Schäferhund nicht
immer unbedingt gehorsam war (Hier nur Auswahl: SPIEGEL
45/1980: Volle Hosen;
12/1985: Gefühl des
Sieges; auch Kamerad
Hasso von Jürgen Bertram machte die Runde. N. Frank
titulierte den Schäferhund im STERN gar als Mörder
und Pershing II im schwarzgelben Fell). Und
in Bayern so ermittelte der SPIEGEL bereits in Ausg. 5/1976- gab es ausgedehnte
Hundezuchtfarmen, die massenhaft Dackel und Schäferhunde
produzierten und damit städtische Hunde-Boutiquen
belieferten. Man also gut daran tat, sich diese um ein vielfach größere
Wählerklientel nicht zu vergraulen. Und die nicht zu vermeidbare
Diskussion zu begrenzen. Schließlich haben der Schäferhundverein
und Boxerklub ihren Sitz in Bayern. Denn
die so genannten Kampfhunderassen waren in ihrer gesamten
Population in Deutschland damals allenfalls so stark vertreten,
wie andere Rassen vielleicht in einer Woche Welpen produzierten. Der
Schäferhundverband wußte damals um die Misere. In einer
taktischen Meisterleistung in Form einer Pressemitteilung,
gerichtet an die Parteien im Saarland, wo zuvor bereits über Maßnahmen
gegenüber Kampfhunden beraten wurde, distanzierte dieser
sich von diesen frevelhaften Wesen Kampfhund und befürwortete
gesetzgeberische Initiativen. Nachzulesen in einem
stenographischen Protokoll des Saarländischen Landtages. Schließlich
gab es bereits seit 1983 von Dietrich Kolbe, der mit Beißende
Hunde in einer Großstadt. Seuchenhygienische Bedeutung,
ethologische Aspekte und verwaltungsrechtliche Behandlung
an der veterinärmedizinischen Fakultät der FU Berlin
promovierte, eine Tabelle 4 mit Rassenverteilung beißender
Hunde. Bei 1530 Berliner Vorfällen waren in 839 Fällen (54,
84%) Schäferhunde beteiligt. Kein einziger Vorfall jedoch mit so
genannten Kampfhunden. Jüngere
Übersichten über tödlich verlaufene Beißunfälle mit Hunden in
U.S.A. dokumentieren immer noch, daß die so genannten
Kampfhunde allenfalls am Rande auffällig geworden sind. Es
gibt jedoch ein Pitbullproblem. Und zwar in der Art, daß der
eigentlich auffällig gewordene Pitbull zumeist irgendeine nicht näher
definierbare Verbastardierung ist. pit bull-Type eben. Man
nehme z. B. einen Deutschen Boxer. Und kreuze ihn vielleicht mit
einem Bullterrier. Was kommt heraus? Der ordentliche Hundehalter
gibt beim Ordnungsamt an: Boxermischling. Der Chaot protzt mit
seinem Pitbull. Denn zumeist sind die Beißer nicht ordentlicher
Rassehundezucht entsprungen, wo auf Blutlinien und
Wesenseigenschaften - in Generationen aufgebaut, eine überwachte
Wurf- und Aufzuchtkontrolle erfolgt. Und aus tierschützerischer
Sicht sogar die Geburtszyklen im Sinne des Mutterschutzes
reduziert werden. Unter diesem Aspekt bleiben in fast allen
Bundesländern auch die neuen Verordnungen wirkungslos, da der
gewerbsmäßige Hundehandel nicht betroffen ist. Womit man sicher
Klagen wegen eines möglichen Berufsverbotes vorbeugen möchte. Abschließend
darf ich Sie noch auf zwei Veröffentlichungen hinweisen. Es ist zunächst Dog-bite
related fatalities United States- 1979-1996, Hg.
Centers for Disease Control (U.S. Department of Health), in: M(orbid)
M(ortal) W(eekly) R(eport), May 30, 1997, (46); 463-67. Sowie die erweiterte Übersicht Special
Report: Breeds of dogs involved in fatal human attacks in the
United States between
1979 and 1998, in JAVMA,
Vol. 217, 6; Sept. 15, 2000; 836-40. Bekannte
Autoren, wie u.a. Jeffrey J. Sacks und Randall Lockwood sind hier
beteiligt. Bleibt
letztlich nur noch darauf hinzuweisen, daß der Kampfhund
ein Medienprodukt ist. Und die Presse so wie in Sebnitz unlängst-
erst die Verteufelung einleitete. Sollten
meine Ausführungen Sie bisher nicht nachdenklich gestimmt haben,
müßten Sie es spätestens nach dem Lesen der Diplomarbeit von
Petra Dressler über das Medienspektakel um Kampfhunde
werden (erschienen am 16. April 1999 an der HdK Berlin; 229 S. In
4°) . Hier hat sich einmal jemand der Mühen unterzogen und die
Berichterstattung vornehmlich aus Berliner Tageszeitungen von 1995
bis 1998 ausgewertet. Es ist schon erstaunlich, mit welchen
Aussagen hier bewußt Stimmung gemacht wurde. Und wie widersprüchlich in den
verschiedenen Zeitungen über denselben Vorfall berichtet wurde.
Wie zudem ausländische Vorfälle ungeniert übernommen wurden, um
so die Horrorgemälde in deutsche Länder zu übertragen. Ein
Gespinst von Phantasien und Panikmache. Kein Ruhmesblatt für seriöse
Journalistenarbeit. Fürwahr. Ein
kleines Nachwort sei noch gestattet: Es
ist bemerkenswert, daß man in einem anderen Länderparlament die
Ansicht des Justizministers nachlesen kann, daß die bayerische
Hundeverordnung, von den Bayern höchst selbstgelobt (!),
nicht so einfach zu übernehmen sei. Man finde in Baden-Württemberg
schließlich keine so freundliche Rechtssprechung wie in Bayern. Mit
freundlichen Grüßen Werner G. Preugschat Hier als Word Dokument: Beisstatistik - Tödliche Unfälle Beisskraft
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