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Rechtsanwalt

Volker Stück

Liebigstr. 6

34125 Kassel

RA Volker Stück, Liebigstr. 6, 34125 Kassel                                                                     Tel. 0561 - 874268

 

 


Hessischer Verwaltungsgerichtshof

z.H. RiVGH Hessen Höllein

Brüder-Grimm-Platz 1

 

34117 KASSEL

05. Mai 2001

volker/chico/gericht/vgh16-doc.

Vorab per Fax: 0561 - 1007 264

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04.04.01                                 VGH 01/00                              05631 - 58 14 32

In dem

Normenkontrollverfahren gem. § 47 Abs. 1 Ziff. 2 VwGO

Günter Stück u.a. ./. Land Hessen

 

- 11 N 2497/00 - Hauptsache

 

Termin: voraussichtlich 08/09 2001

  

tritt dem Verfahren als weiterer Antragsteller bei:

 

23. Herr Patrik Oeffner, Am Wiesengrund 3, 36399 Weidenau.

 

Der Antragsteller zu 23. ist Halter und Eigentümer eines Staffordshire-Pitbull Mischlings namens „Neil“. Selbstverständlich ist auch Herr Oeffner nicht vorbestraft und hat einen tadellosen Leumund.

 

„Neil“ hat den Wesenstest am 27.11.2000 mit „hervorragend“ bestanden und wird als Sozialhund für einen Schwerbehinderten erfolgreich eingesetzt. In seinem Gutachten vom 05.12.2000 führt der anerkannte VDH-Sachverständige Gerald Groos, Goldbergweg 37, 60599 Frankfurt, dann auch aus (S. 9 zu Ziffer 2.):

 

„Hunde dieses Typs werden speziell wegen dieser Merkmale in Amerika sehr häufig als Sozialhunde für Behinderte eingesetzt.“

 

Auf S. 6 des Gutachtens wird ausgeführt:

 

„Den Begriff Kampfhunde gibt es im kynologischen Sprachgebrauch nicht. Nach Auffassung des VDH gibt es keine sogenannten Kampfhunderassen, sondern einzelne gefährliche Hunde, unabhängig von Rassezugehörigkeit und unabhängig, ob Rassehund oder Mischling. Es gibt keinerlei wissenschaftliche Studien, die eine abnorme Gefährlichkeit der unter dem Begriff Kampfhunde aufgeführten Rassen belegen.“

 

 

Auf den Schriftsatz des Antragsgegners vom 26.04.2001 wird in der gebotenen Kürze erwidert:

 

I.

 

Soweit der Antragsgegner auf das Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde vom 12.04.2001 (BGBl Teil I, S. 530 ff.) rekurriert, sei nur darauf hingewiesen, daß dort (§ 2 Abs. 1) der Bullterrier den Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier und Staffordshire-Bullterrier an vermeintlicher rassespezifischer Gefährlichkeit gleichgestellt wird, was der Beurteilung des Antragsgegners in seiner (zurückgenommenen) KampfhundeVO vom 05.07.2000 entsprach. Nach einem urplötzlichen Sinneswandel gilt der Bullterrier in Hessen seit der GefahrenabwehrVO gefährliche Hunde vom 15.08.2000 als „nur“ widerleglich gefährlich (§ 2 Abs. 1 Ziffer 2 c)).

 

Jedem rational denkenden Mensch ist dies nicht zu erklären.

 

 

II.

 

Es gibt - nach übereinstimmender und wissenschaftlich manifestierbarer Auffassung der namhaften Experten - keine empirischen Tatsachen wie

·       Beißhäufigkeit

·       Art und Schwere der durch die jeweiligen Rassen hervorgerufenen Verletzungen

·       kynologische Erkenntnisse über das Ausmaß der rassespezifischen Aggressivität und Gefährlichkeit

die die vorgenomme Differenzierung -welche eigentlich ? - rechtfertigen könnte.

 

Wenn sich der Antragsgegner gar darauf versteigt, auszuführen „Auch wenn sich die kynologische Literatur zu vorbezeichnetem Problemfeld sehr uneinheitlich verhält, so lässt sich doch auch hier eine Differenzierung zu Lasten der betroffenen Rassen auf Grund einer vermehrt festgestellten gesteigerten Aggressivität herauslesen. Hinzu kommen die in Hessen bislang erhobenen Zahlen, die eine Belastung der betroffenen Hunderassen überwiegend bestätigen.“, so muß sich die Frage aufdrängen, ob er die bislang vorgelegten Gutachten bzw. die vorhandene Literatur überhaupt nicht zur Kenntnis genommen hat, nicht in der Lage ist, diese intellektuell zu verarbeiten oder sich hier gar ein rezidivierender hochgradiger Autismus offenbart. Anders läßt sich eine derartige Äußerung nicht mehr erklären.

 

Zu den bisherigen sachverständigen Experten möchte ich noch einen weiteren zitieren, nämlich Herrn Thomas Baumann (Leiter der Ausbildung an der Polizeihundeschule Sachsen; deutscher Vertreter in einer INTERPOL-Expertenkommission für das europäische Diensthundewesen; Autor des Buches „Neue Wege der Polizeihundeausbildung“) in seinem neuesten Buch „..damit wir uns verstehen - Die Erziehung des Familienhundes“ ; Baumann-Mühle-Verlag, 2. Aufl., ISBN 3-00-0061 73-8:

 

„Rassespezifische Gefährlichkeit

Das Festlegen beziehungsweise Unterstellen der Gefährlichkeit eines Hundes kann immer nur nach individueller Überprüfung geschehen. Alles andere, insbesondere die derzeit aktuelle Rassendiskriminierung ist Willkür.“

Die Verantwortungsträger einiger weniger Bundesländer (Anm. des Unterzeichners: Hessen, vertreten durch den Antragsgegner, gehört dazu !) glichen hektischen Revolverhelden, die bei jeder Bedrohung sofort wild um sich schießen. Dementsprechend sieht auch das Trefferbild der Schützen aus. Völlig unbeteiligte und durchaus friedliche Hunderassen sowie deren Halter wurden und werden immer noch gejagt und geächtet.

Spontan verordnete Zucht-, Haltungs- und Importverbote für annähernd 20 Hunderassen, die mit einem sogenannten Kampfhundestatus belegt wurden, führten zu einer Rechtswillkür, wie sie eindeutiger nicht formuliert werden konnte.

Betrachten wir beispielsweise den Staffordshire-Bullterrier, die Bordaux-Dogge, den Mastiff oder den Fila-Brasileiro. Keine dieser und die Mehrzahl der weiteren verbotenen Hunderassen sind in den vergangenen Jahren durch aggressive Entgleisungen so negativ aufgefallen, wie eine ganze Reihe populärer Familienhunderassen, die kurioserweise niemand in Frage stellt.“ (S. 226)

„Dabei interessieren sich die Kampfhunde-Propagandisten und Hundehasser keinesfalls für Fakten aus anderen Ländern. Dass beispielsweise in den USA der American Staffordshire Terrier häufig wegen seiner Friedfertigkeit in der Behindertentherapie eingesetzt wird, zeigt einmal mehr die Absurdität unserer Gesetze.“ (S. 227/228).

 

Hier sei nur vorsorglich erwähnt, daß nicht typischerweise Halter von American Staffordshire Terriern diese auswählten, um eigene physische oder psychsiche Defekte zu kompensieren, wie dies der Antragsgegner im Schriftsatz vom 08.02.2001, S. 2, unverschämterweise unterstellt hat. Den Beweis hierfür ist er bis heute schuldig geblieben und hat auch eine Entschuldigung nicht für nötig befunden.

 

„Eine Rasse generell als gefährlichen Kampfhund zu bezeichnen, gleicht dem bemerkenswerten Zitat einer Hundehalterin, dass „nun wohl jeder Mann ein Kinderschänder, jeder Ausländer ein Krimineller und jeder Politiker ein Spendenbetrüger“ sei.“ (S. 228).

 

„Ich kenne jedoch keine einzige Hunderasse, der in ihrer Ganzheit übersteigertes Aggressionsverhalten angelastet werden kann.“ (S. 237)

„Rasseverbotslisten sind nicht nur als ungeeignete Maßname anzusehen, Rasseverbotslisten sind genau genommen ungerechtfertigte Willkürmaßnahmen.“ (S. 238)

 

Beweis:          Sachverständiges Zeugnis des Herrn Thomas Baumann, Talstr. 42, 01723 Helbigsdorf.

 

„Dieses Kapitel abschließend, äußere ich an alle Verantwortungsträger in Politik und Behörden den Wunsch, in Sachen Hundehaltung wieder den Sachverstand einkehren zu lassen.“

 

So viel zum Thema kynologische Literatur, auf die sich der Antragsgegner berufen will. Ein passenderes Schlußwort läßt sich nicht finden.

Volker Stück

[Rechtsanwalt]

Kopie an: Antragsteller

Anlage(n): Vollmacht des Antragsstellers zu 23.

 

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